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Bild: Von links Kurt Ziegner, Vorstand Landesabteilung Forstplanung und Präsident Tiroler Forstverein, Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig, LHStv Josef Geisler, Johannes Wohlmacher, Präsident Österreichischer Forstverein. © Land Tirol/Entstrasser-Müller

Mit aktiver Waldwirtschaft dem Klimawandel begegnen und Waldfunktionen sichern.

  • Österreichische Forsttagung heuer in Hall in Tirol
  • Kritik an EU-Waldpolitik
  • Außernutzungsstellung gefährdet Funktionen des Waldes
  • Umbau in klimafitte Wälder erfordert aktive Waldbewirtschaftung

Arbeitsplatz und Einkommensquelle, grüne Lunge, Lebensversicherung, Energielieferant sowie Erholungsraum – der Wald muss vielen Ansprüchen gerecht werden. Der Klimawandel setzt dem Wald zu, gleichzeitig ist der Wald Teil der Lösung der Klimakrise und auch der Energiewende. Was das für die Zukunft der Waldwirtschaft bedeutet, wurde bei der diesjährigen Österreichischen Forsttagung in Hall in Tirol diskutiert. Und dabei sind sich alle einig: Die Devise lautet „schützen durch nützen“.

„Es gibt nun auf europäischer Ebene starke Bestrebungen den Wald vorrangig als Kohlenstoffspeicher zu sehen. Die Außernutzungstellung großer Waldflächen gilt als einzig wahre Lösung gegen den Klimawandel. Das wird nicht funktionieren. Wald ist mehr. Nur durch aktive Waldbewirtschaftung und der Möglichkeit, damit Einkommen zu erzielen, gelingt uns der Schutz der Bäume und der Umbau zu klimaresilienten Wäldern“, so Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig.

Bergwald nützen und dadurch schützen

Fast die Hälfte Österreichs ist mit Wald bedeckt, Tirol hat einen Waldanteil von mehr als 40 Prozent an der Landesfläche. Die Schutzfunktion des Waldes ist in Tirol von besonders hoher Bedeutung. Rund 70 Prozent der Tiroler Wäldern sind Schutzwald, österreichweit liegt der Anteil bei 40 Prozent. „Die Bestrebungen der EU, was den Wald anlangt, gehen vor allem auch für Tirol in die falsche Richtung. Nutzungsbeschränkungen und Flächenstilllegungen sind für den Tiroler Wald insgesamt und auch für den Klimaschutz und die Energiewende kontraktproduktiv“, bekräftigt LHStv Josef Geisler und nennt als Beispiel Osttirol. In Osttirol haben Schadereignisse und nachfolgend der Borkenkäfer den Wald und seine Schutzfunktion großflächig in Mitleidenschaft gezogen haben. „Wir können den Wald nicht sich selbst überlassen. Wir müssen aktiv eingreifen, um die Schutzfunktion so schnell wie möglich wiederherzustellen.“ 1,2 Millionen klimafitte Bäume werden heuer alleine in Osttirol aufgeforstet.

Eingriffe nach Schadereignissen unerlässlich

Auch im Sinne des Klimaschutzes ist eine aktive und nachhaltige Waldbewirtschaftung unerlässlich. Rund 100 Millionen Tonnen Kohlenstoff sind im Tiroler Wald in Holz, Blättern, Wurzeln und im Waldboden gespeichert. Wenn Wälder jedoch durch Stürme, Schneebruch oder auch Brände und Schädlinge großflächig zerstört werden, wird der gespeicherte Kohlenstoff bei der Zersetzung des Holzes freigesetzt. „Auch deshalb ist es wichtig, Schadholz schnell aufzuarbeiten und mit klimafitten Bäumen aufzuforsten.“

Umbau in klimafitte, bunte Mischwälder im Gange

Bedeutet das, Waldwirtschaft weiter wie bisher? „Nein“, lautet die klare Antwort von Tirols Forstreferent LHStv Geisler, „wir müssen alles daransetzen, unsere Wälder in klimafitte Bergwälder umzubauen.“ Seit drei Jahren werden die Aktivitäten in Tirol für einen klimafitten Bergwald intensiviert. Das Motto dabei: Vielfalt statt Einfalt. „Knapp zehn Prozent des Tiroler Waldes sind so genannte ‚klimasensible Waldgebiete‘, also Wälder in trockenen und tiefen Lagen unter 1.000 Meter Seehöhe“, weiß Kurt Ziegner, Vorstand der Abteilung Forstplanung und Präsident des Tiroler Forstvereins. Der Anteil der Mischbaumarten bei Aufforstungen liegt in Tirol aktuell bereits bei mehr als 50 Prozent. Vor zehn Jahren war es ein Drittel.

Multifunktionale Bewirtschaftung

Veranstaltet wird die Österreichische Forsttagung „Waldwirtschaft – quo vadis?“ vom Österreichischen Forstverein. Dessen Präsident Johannes Wohlmacher verweist auf das Referat von Harald Mauser vom Europäischen Forstinstitut zur Vielfalt an EU-Politiken, die sich auf die Bewirtschaftung des Waldes auswirken: „Der Green Deal will die Herausforderungen des Klimawandels meistern. Leider gibt es dabei aber Zielkonflikte, die gelöst werden müssen. Die in Österreich gelebte und bewährte multifunktionale Bewirtschaftung der Wälder muss in der waldbezogenen EU-Politik berücksichtigt werden.“

Die konkrete Forderung von Johannes Wohlmacher dazu lautet: „Die gezielte Verjüngung überalterter Wälder mit klimafitten Baumarten ist das Gebot der Stunde. Denn junge Wälder nehmen am meisten Kohlendioxyd (CO2) auf und haben die beste Kohlenstoffbilanz. Leider stehen dem nur allzu oft überhöhte Wildstände entgegen. Hier bedarf es eines Umdenkens, einer Neuorientierung der Jagd, die mit der überfälligen Regulierung der Schalenwildbestände ihren Beitrag leisten muss.“